Noch sehr viel zu tun auf dem Weg zu inklusiven Kommunen

Fraktion Die Linke im LVR

Linke in LVR und LWL luden zu Information und Austausch über UN-Behindertenrechtskonvention in den Kommunen ein

 

Seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland geltendes Recht. Laut dieser Konvention sollten alle staatlichen Ebenen Inklusion befördern, auch und gerade die Kommunen. Städte, Gemeinden und Landkreise sollten barrierefreie Wohnungen anbieten, ihre Ämter und Schulen sollten für Menschen mit und ohne Behinderungen sowie jeden Alters gleichermaßen zugänglich sein und sie sollten Unterstützungsdienste bereitstellen, die allen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die Realität ist jedoch eine andere.

Dies zeigte eine Studie, die gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Oktober 2022 bis September 2025 das Zentrum für Planung und Entwicklung Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen und die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) durchführten. Der maßgebliche Ko-Autor Prof. Albrecht Rohrmann vom ZPE stellte auf Einladung der Linksfraktionen im LVR und LWL wichtige Studienergebnisse vor. 

Die Forschungsteams hatten die Verbreitung systematischer Planungsaktivitäten zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf kommunaler Ebene im Zeitraum 2023 – 2024 untersucht. Sie durchforsteten die Angebote von Kommunen bundesweit und führten zudem stichprobenartig Expert:inneneninterviews mit planungsverantwortlichen Personen und beteiligten Menschen mit Behinderung sowie Gruppendiskussionen zu Gelingensbedingungen der UN-BRK mit Menschen mit Behinderung durch. 

Die Ergebnisse waren oft ernüchternd. Nur in 41 Prozent der Städte mit mehr als 50.000 Einwohner:innen (in Nordrhein-Westfalen: 39 Prozent) waren Pläne zur Umsetzung der UN-BRK in Arbeit oder abgeschlossen. Ein Großteil der Beschlüsse zu systematischen Planungsaktivitäten zur Umsetzung der UN-BRK sei innerhalb der ersten fünf Jahre nach deren Ratifizierung der in Deutschland gefasst worden. Seit 2018 wurden solche Planungen nur noch vereinzelt beschlossen.

Prof. Rohrmann zeigte anhand eines Schemas förderliche Faktoren und Stolpersteine für Planungsprozesse zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf, die sich gut für die Arbeit in kommunalen Gremien aufgreifen und „herunterbrechen“ lassen. Wichtig seien Selbstvertretungsstrukturen von Menschen mit Behinderungen, eine Analyse der Ausgangssituation, die fortlaufende Dokumentation der Schritte, die regelmäßige Information der Gremien und die Herstellung von Öffentlichkeit. Nachteilig seien unklare Verantwortlichkeiten, fehlender Bezug der Maßnahmen zur UN-BRK oder ein Ausbremsen der Umsetzung durch Neubesetzungen an wichtigen Stellen. 

Als exemplarisches Vertiefungsthema hatte Prof. Rohrmann die Selbstbestimmte Lebensführung entsprechend Artikel 19 der UN-BRK gewählt. Um diese zu gewährleisten, sollen die Vertragsstaaten sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen ihren Aufenthaltsort wählen können und dürfen nicht verpflichtet werden, in besonderen Wohnformen zu leben. Damit zusammenhängend sollen die Vertragsstaaten „Deinstitutionalisierung“ betreiben, das heißt besondere Wohnformen überwinden. 

Es schlossen sich eine engagierte Diskussion mit einigen Rückfragen an Prof. Rohrmann, aber auch Einschätzungen und Erfahrungsaustausch zum Vorantreiben der Inklusion im Sinne UN-BRK an. Die meisten Teilnehmenden der Veranstaltung waren und sind kommunalpolitisch Engagierte, die einiges aus dem Vortrag gerne in ihre Praxis vor Ort mitnahmen.