Der LVR-Haushalt – planen in unsicheren Zeiten

DIE LINKE im LVR

In den zurückliegenden Jahren wurden seitens der Koalition aus CDU und SPD im Landschaftsverband Rheinland mit einer Ausnahme immer Doppelhaushalte beschlossen. Vor allem in den jüngeren Jahren haben wir als LINKE dieses Vorgehen massiv kritisiert. Eine Haushaltsplanung über zwei Jahre ist in der aktuellen Situation mit zu vielen Unsicherheiten behaftet, um verlässlich zu sein: Die letzten Jahre waren für den Landschaftsverband durch massive Rechtsänderungen wie das Bundsteilhabegesetz und dem Ausführungsgesetz des Landes NRW hierzu geprägt, aber auch durch die Krisen wie Pandemie und Krieg. Und so ist es in diesem Jahr – wie von uns befürchtet –  notwendig geworden, einen Nachtragshaushalt zu erlassen. Der Grund: Mitte des vergangenen Jahres hatte sich bereits eine Verbesserung der Umlagegrundlage im Vergleich zur Planverabschiedung im Dezember 2021 für den Haushalt 2022/2023 abgezeichnet.

Einem regelrechten Unterbietungswettbewerb zwischen allen anderen Fraktionen um die neue Umlage wollte und konnte sich die Fraktion DIE LINKE. nicht anschließen. Eine solide und nachhaltige Finanzplanung ist für die Menschen im Rheinland, die an Leistungen des LVR direkt und indirekt teilhaben, ebenso wichtig, wie für die Mitgliedskommunen, die rheinischen Landkreise und in der Folge für die kreisangehörigen Kommunen. Eine bisherige zuverlässige Mittelfristplanung hat es den Mitgliedskörperschaften des LVR bisher immer ermöglicht, auch hier selbst eine verlässliche Planung durchzuführen. So ist die Landschaftsumlage neben den Personalkosten der höchste Ausgabepunkt in deren Haushaltsplanung. Einer erhöhten Landschaftsumlage kommt eine besondere Bedeutung auch für die örtliche Handlungsfähigkeit der Mitgliedskommunen zu. Im Wissen darum hat sich die Fraktion DIE LINKE. in der Landschaftsversammlung nicht nur intensiv mit den neuen Zahlen zum Nachtragshaushalt auseinandergesetzt, sondern auch mit dem Kommunalfinanzbericht von ver.di vom November vergangenen Jahres.

Die Situation ist vielerorts extrem angespannt. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, weshalb sich die Umlagegrundlage für das Jahr 2023 in dem Maße verbessert hat und es überhaupt eines Nachtragshaushalts bedarf: Die steuerliche Entwicklung ist merklich besser ausgefallen als vorhergesagt und eingeplant. Dies spült auch massiv Geld in die kommunalen Kassen.

Anders als in bei klassischen kommunalen Haushalten stellt beim LVR neben den Personalkosten die Eingliederungshilfe den größten Ausgabenposten. Nach Rechtsänderungen übernimmt der LVR für alle Kommunen im Rheinland die Kosten der Eingliederungshilfe für Kinder im vorschulischen Alter, sowie für Erwachsene. Hier handelt es sich nicht um freiwillige, sondern um pflichtige Leistungen, deren Inanspruchnahme pandemiebedingt noch nicht den Höhepunkt erreicht hat. Zudem zeichnet sich eine massive Steigerung der Entgelte für die Eingliederungshilfe ab.

Dies hängt mit den zwei großen Ausgabenposten „Personalkosten“ zusammen. Die Forderungen der Beschäftigten in den aktuellen Verhandlungen zum TVöD werden von der Fraktion voll unterstützt. Ein guter Abschluss im Sinne der Beschäftigten wird hier die Summe der Personalkosten deutlich nach oben korrigieren. Für das Jahr 2023 hatte der Landschaftsverband in seinem aktuell genehmigten Haushalt keinerlei (!) Tarifsteigerungen eingeplant. Dies hatten wir bereits bei der Verabschiedung des Haushalts massiv kritisiert, da es in keiner Weise mit den Grundsätzen Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit übereinstimmte und für die Beschäftigten eine faktische Wiederbesetzungssperre bedeutete, um die Mehrkosten durch Tarifsteigerungen zu kompensieren - obwohl sich die Verwaltung doch damit gebrüstet hat, dass es keine Wiederbesetzungssperren gäbe. In den Bereichen, in denen die fehlenden Finanzmittel nicht durch verspätete Wiederbesetzung erreicht wurden, gelang dies durch langfristig Erkrankte.

Beides ist für unsere Fraktion nicht hinnehmbar. Daher begrüßen wir, dass mit dem ursprünglichen Vorschlag der Verwaltung mit einer Senkung der Landschaftsumlage auf 15,45 Prozent eine deutliche, wenn vermutlich auch wegen der noch ausstehenden Ergebnisse der Tarifverhandlungen bei der letzten Planerstellung eine nicht ausreichende Steigerung der Personalkosten eingeplant wurde. Die Steigerung der Entgelte hat jedoch auch zur Folge, dass Verträge mit der freien Wohlfahrtspflege im Bereich der Eingliederungshilfe durch diese aufgekündigt und neu verhandelt werden, da der überwiegende Teil ihrer Personalkosten über den LVR finanziert werden. Hier werden in der Folge die Mehrkosten weitergegeben.

Aufgrund der Vielzahl der Leistungsempfänger:innen ist hier mit einem drastischen Kostenanstieg zu rechnen.

Der LVR kann die ihm übertragenen Aufgaben und Verpflichtungen nur mit der hierzu notwendigen Finanzausstattung erfüllen. Durch die Übertragung der Aufgaben an den Landschaftsverband werden die kommunalen Haushalte entlastet, da diese Aufgaben nicht in eigener Regie durchgeführt werden müssen, was im eigenen Haushalt dann zu deutlich erhöhten Leistungs- und Personalkosten führen würde.

Alle im LVR vertretenen Fraktionen und Gruppen haben sich den im Rahmen des Nachtragshaushalts eingebrachten Änderungen in den Produkten (mit der Ausnahme Einnahme durch die Landschaftsumlage) ohne Korrektur angeschlossen Da sie jedoch eine geringere Einnahme durch die Umlage ansetzen, kalkulieren sie unvermeidlich mit der Reduktion der Ausgleichsrücklage.

Das vergangene Jahr wird der LVR nach aktueller Prognose mit einem zweistelligen Millionendefizit abschließen, was bereits zu einer deutlichen Reduzierung der aktuellen Ausgleichsrücklage in Höhe von bisher noch 210 Mio. führen wird.

Auch wenn einige Gebietskörperschaften selbst nicht mehr über eine Ausgleichsrücklage verfügen und deshalb diese Summe als vermutlich hoch ansehen, sei zu beachten, dass es sich hierbei bei einem Haushalt von rund 4,5 Mrd. um weniger als 5 Prozent handelt. Bei Schwankungen in Personal- und Leistungskosten sind diese sehr schnell erreicht. Bisher dienen sie unterjährig als Ausgleichshilfe bei Schwankungen, um den Mitgliedskörperschaften Verlässlichkeit im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung zu geben. Aus diesem Grund ist die Inanspruchnahme unserer Meinung nach nicht nur nicht zweckmäßig, sondern für einen schweren Fehler, für den sowohl LVR, als auch die Mitgliedskörperschaften zeitnah die Quittung erhalten werden.

Die rund eine Woche vor der Verabschiedung des Nachtragshaushalts eingebrachte Ursprungsvorlage der Verwaltung bezüglich der Haushaltssatzung war solide und nachvollziehbar, Sie hätte daher unsere Unterstützung gefunden. Durch mehrheitlichen Beschluss in den Gremien im Vorfeld zur Landschaftsversammlung wurde diese Vorlage jedoch entsprechend angepasst, d.h. der darin vorgeschlagene Umlagesatz nach unten korrigiert und ist für uns mit den Grundsätzen eines sozialen und nachhaltigen Rheinlands nicht mehr vereinbar.

Um die durch den durchgesetzten Antrag von CDU, SPD und FDP über geringere Umlagen notwendig werdenden Einsparungen zu erzielen, sollen dringend erforderliche energetische Sanierungen um ein Jahr verschoben werden. Doch weder löst dies das Problem der aktuellen Energiekrise für den LVR, noch entlastet es die Mitgliedskörperschaften nachhaltig, da die Kosten dann im Folgejahr über die Umlage an diese weitergegeben werden.

Fakten:

Wie berechnet sich die Landschaftsumlage?

Der LVR kann anders als Kommunen nicht eigene Steuern oder Abgaben einnehmen. Es handelt sich um einen reinen Umlageverband, wobei die Berechnung der Umlage analog zu der einer Kreisumlage gesehen werden kann.

Den notwendigen Ausgaben stehen in bestimmten Bereichen feste Einnahmen, jedoch nur in kleinem Umfang entgegenüber, beispielsweise privatrechtliche Entgelte, Kostenerstattungen oder Finanzerträge. Von dem dann noch fast 90%igen Defizit wird die Schlüsselzuweisung des Landes, welche durch das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) des jeweiligen Jahres festgelegt wird, abgezogen. Die dann noch offene Summe muss über die Umlage ausgeglichen werden.

Jede LVR-Mitgliedskörperschaft hat jedoch eine eigene Umlagegrundlage. Die Festlegung der Umlagegrundlage erfolgt jährlich durch Festsetzung im GFG. Diese Summe der Umlagen der Mitgliedskörperschaften in Relation zum noch vorhandenen Defizit berechnet dann den Umlagesatz, der auf die einzelnen Mitgliedskörperschaften angewendet wird. Schwankende Umlagegrundlagen in jedem Jahr können bei positiver Entwicklung der Steuereinnahmen im Referenzzeitraum dazu führen, dass sich trotz eines gleichbleibenden Umlagesatz oder sogar gesunkenen Umlagesatzes die absoluteZahllast für die Mitgliedkörperschaft erhöht. In diesem Fall steht ihr aber auch in entsprechendem Maße mehr Geld zur Verfügung.

Lara Basten, Finanzpolitische Sprecherin der Fraktion