Von Thermobehandlung bis Kitschausstellung: Lehrreicher Besuch im Freilichtmuseum Kommern
Am 7. November hat eine Delegation der Linksfraktion im LVR das Freilichtmuseum Kommern in Mechernich besucht, um sich ein Bild von der Wichtigkeit dieses Ausstellungsortes zu machen. Das Museum besteht seit dem 20. Juli 1961 - und nun sollen die Mittel im kommenden Jahr erheblich gekürzt werden. Immerhin: Das Personal soll gehalten werden.
Am 7. November besuchte eine Delegation der Linksfraktion im LVR das Freilichtmuseum Kommern in Mechernich. Das Museum existiert seit dem 20. Juli 1961. Die Besuchergruppe wurde von Dr. Carsten Vorwig, dem vierten Leiter der Einrichtung, empfangen. Er führte die Delegation über einen großen Teil des Geländes und erläuterte die Geschichte der Freilichtmuseen sowie die besonderen Schwerpunkte des Museums in Kommern. Da das Freilichtmuseum Kommern erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, blieb es von einer ideologischen Instrumentalisierung durch das NS-Regime verschont, wie sie bei vergleichbaren Museen vorkam.
Das Museum zeichnet sich durch seine fünf Baugruppen aus: Westerwald, Eifel, Niederrhein, Bergisches Land und den Marktplatz Rheinland, von denen unsere Gruppe mehrere besichtigen konnte. Darunter waren zwei verschiedene Nissen-Hütten. Diese Notunterkünfte wurden nach ihrer Nutzung durch das britische Militär vor allem am Niederrhein in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Wohnraum verwendet, als es aufgrund von Bombenschäden an Wohnraum mangelte. Die nebeneinander stehenden Nissen-Hütten wurden eindrucksvoll rekonstruiert und zeigten in Bild, Text und Ton anhand eines konkreten Familienschicksals die schwierigen Lebensbedingungen auf. Aus jüngerer Vergangenheit stammt die beeindruckend rekonstruierte Milchbar am Marktplatz Rheinland.
Unsere Gruppe konnte auch einen Teil der Instandhaltungs- und Bauarbeiten beobachten. Ein Fachwerkhaus wurde gerade einer Holzwärmebehandlung unterzogen, um schädliche Holzwürmer und ihre Larven zu beseitigen. Dabei wird ein Holzbau vollständig umhüllt und auf 55 bis 60 Grad erhitzt. Die Holzkonstruktion der Ausstellungspavillons leidet unter einem Holzpilzbefall, der glücklicherweise nur die Fassaden betrifft, sodass die Räume weiterhin genutzt werden können. Dieses Problem soll im Laufe des Jahres 2025 durch den Austausch der Fassaden behoben werden; die Statik der Gebäude ist nicht betroffen. Ein gerettetes Bahnhofsgebäude befindet sich im Aufbau und soll für verschiedene Ausstellungen genutzt werden. Vor jeder Baumaßnahme führt das Museum ein Fledermaus-Monitoring durch.
Nach dem informativen Rundgang führte uns Ann-Franziska Heinen, die wissenschaftliche Referentin für Bildung und Vermittlung des Museums, durch die aktuelle Ausstellung „Grässliche Glückseligkeit. Faszination Kitsch“. Dabei konnte man lernen, dass „Kitsch“ nicht immer negativ besetzt war und nicht sein muss; er wird sehr subjektiv ausgelegt und hat interessante historische Hintergründe in religiöser Verehrung und beginnender Massenproduktion von Gebrauchsgütern. Kitsch findet sich nicht nur in touristischen Souvenir-Artikeln oder Sissi-Filmen, sondern auch im kölschen Lokalpatriotismus, in der Erotik und in politischer Propaganda, etwa im autoritären Personenkult der NS-Diktatur und bis heute in Nordkorea.