Systemische Elternberatung
Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird beauftragt, in den Dezernaten 7 und 8 sowie an den einzelnen KoKoBe zu erheben, welche Beratungs- und Schulungsangebote für Eltern von Menschen mit geistigen Behinderungen vorhanden sind und wie diese genutzt werden. Darauf aufbauend soll eine Konzeption zur Erweiterung der bestehenden Beratungsangebote für Menschen mit geistigen Behinderungen um die Beratung ihrer Eltern erarbeitet werden. Gleichzeitig initiiert der LVR ein Modellprojekt Elternberatung, bei dem erfahrene Eltern andere Eltern beraten, deren Kinder in eine stationäre Einrichtung oder ins betreute Wohnen wechseln.
Begründung:
Eltern von Menschen mit einer geistigen Behinderung übernehmen für ihre volljährigen Kinder mit geistiger Behinderung in der Regel die rechtliche Betreuung. Dafür gibt es allerdings keine spezielle Ausbildung und nur wenige Schulungsangebote, so dass Eltern sich das benötigte Wissen durch die Nutzung des Internets oder durch Ratsuche bei anderen Betroffenen meist selber aneignen müssen, um ihrer Rolle und ihren Aufgaben gerecht werden zu können. Auch bei den Betreuungsvereinen gibt es nur sehr wenige Schulungsangebote für Eltern. Dadurch entstehen Informationslücken, es wird von überholten oder Fehlinformationen ausgegangen. Daher stellt sich die Frage: Wie werden Eltern in ihrer Rolle als rechtliche Betreuung im Rahmen der LVR-Beratungsangebote unterstützt?
Menschen mit einer geistigen Behinderung leben meist bis weit ins Erwachsenenalter hinein in ihren Herkunftsfamilien. Oft entscheiden sie sich erst für eine heilpädagogische Einrichtung, wenn die Eltern die notwendige Unterstützung aus Altersgründen nicht mehr leisten können. Dann ist die Umstellung für diese Familien sehr groß, da sich das Wohnen in einer heilpädagogischen Einrichtung grundlegend vom „Wohnen zuhause“ unterscheidet; die Eltern müssen einen komplexen Systemwechsel bewältigen und in eine neue Rolle hineinwachsen. Für ihren großen Unterstützungs- und Beratungsbedarf finden sie dann oft nicht die passende Anlaufstelle.
Die LVR-HPH-Netze stehen ihnen zwar zur Seite und vermitteln, stoßen jedoch schnell an ihre Grenzen. Wie können Eltern, deren Kinder aus der Herkunftsfamilie in eine Einrichtung oder ins Betreute Wohnen wechseln, unterstützt werden? Wie wird der Übergang bisher begleitet?
Durch das AG BTHG ändert sich der Beratungsbedarf für Eltern von Menschen mit geistigen Behinderungen und komplexen Unterstützungsbedarfen. Zu erwarten ist ein ansteigender Informations- und Beratungsbedarf. Eltern brauchen beispielsweise Beratung bei der Antragstellung auf Grundsicherung. Welche Unterstützungsangebote gibt es bei Gesetzesnovellen?
Zu den vielfältigen Beratungsaufgaben der KoKoBe gehört laut Vorlage 14/2242, Integrierte Beratung für Menschen mit Behinderung im Rheinland, auch die Beratung der Angehörigen. Doch systemische Elternarbeit ist nicht in den KoKoBe verankert und war auch nicht explizit Bestandteil der Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen der Qualifizierung der Mitarbeiter/innen, über die ausgehend von Antrag 14/39 in Vorlage 14/1938 berichtet wurde. Die Fortbildungsangebote wurden von den KoKoBe-Mitarbeitenden, den Teamleitungen, Fallmanagerinnen und Fallmanagern sehr gut angenommen und sollten um den Themenbereich systemische Elternarbeit erweitert werden, um so die Beratungskompetenz der KoKoBe weiter zu stärken.
Auch das erfolgreich initiierte Peer Counseling kann bei der Elternarbeit ein Vorbild für eine sinnvolle Ergänzung der bestehenden und aufzubauenden Beratungsangebote sein. Eltern, deren Kinder den Übergang in eine heilpädagogische Einrichtung erfolgreich bewältigt haben, sind Expertinnen/Experten in eigener Sache, die ihre Erfahrungen und ihr Wissen an andere Eltern in einer ähnlichen Situation weitergeben können. Daher soll orientiert an dem LVR-Projekt Peer Counseling ein Beratungsangebot durch Peer-Eltern aufgebaut werden. Dazu sollen erfahrene und interessierte Eltern zunächst mit Hilfe der KoKoBe ausfindig gemacht und dann geschult werden.