Kultur im Wandel – Eine LVR-Kulturkonferenz in Krefeld zeigt, wohin die Reise gehen kann

Lara Basten

In der ehemaligen Tapeten- und Wachstuchfabrik Fabrik Heeder in Krefeld, die heute als Kulturstätte dient, fand kürzlich die LVR—Kulturkonferenz 2025statt, an der für die Fraktion Die Linke unsere Mitglieder der Landschaftsversammlung Lara Basten und Peter Klein teilnahmen. Der Veranstaltungsort selbst wurde dabei fast symbolisch zum Ausdruck des Themas: Transformation. Wo einst industriell produziert wurde, wird heute Kultur gelebt – und genau das spiegelt die aktuellen Herausforderungen und Chancen im Kulturbereich wider.

Teilgenommen haben Vertreterinnen und Vertreter aus sämtlichen kulturellen Bereichen – von Museen und Theatern über freie Szenen bis hin zu Kulturverwaltungen. Diese Vielfalt war notwendig, denn die gegenwärtigen Fragen lassen sich nur gemeinsam beantworten. Die Finanzlage des Landes NRW war dabei ein zentrales Thema: Die angespannte Haushaltslage zwingt die Landesregierung zu Einsparungen, auch im Kulturhaushalt. Besonders die freie Szene wird betroffen sein. Zwar wurde angekündigt, dass die aktuelle Förderung bis zum 31. Oktober noch in gewohnter Höhe fortgeführt wird, um Ensembles Zeit für Anschlusslösungen zu geben, doch perspektivisch werden Einschnitte kommen. Die Planungssicherheit, auf die Kulturakteure dringend angewiesen sind, ist aktuell kaum gegeben – vielmehr fühlt sich das Vorgehen an wie ein Fahren auf Sicht.

Neben der Kritik wurde aber auch an Lösungen gearbeitet. Der Wunsch nach weniger Bürokratie war dabei deutlich zu vernehmen. Denn wo Netzwerke entstehen sollen, braucht es funktionierende, flexible Strukturen. Positiv hervorgehoben wurde beispielsweise das Museumsnetzwerk Rhein-Maas, das über den Kunstraum Niederrhein e.V. zentral Fördermittel beantragt und verwaltet. Anträge, Nachweise und Berichte erfolgen je Antrag nur einmal und hier gebündelt – das spart Zeit, Ressourcen und bringt das Geld schneller dorthin, wo es gebraucht wird. Auch europäische Förderinstrumente wie das INTERREG-Kleinprojekteprogramm wurden als Vorbild genannt. Hier werden Projekte mit bis zu 25.000 Euro unterstützt – ohne aufwendige Verwendungsnachweise, sondern mit pauschalierten Leistungen und einer abschließenden Dokumentation. Ein Beispiel dafür, wie Förderung unbürokratisch und effizient gestaltet werden kann.

Nachhaltigkeit war das zentrale Thema der Tagung. Das Kulturgesetzbuch NRW verankert sie längst in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht (§11) – doch die praktische Umsetzung steht vielerorts noch am Anfang. Es wurde betont, dass nachhaltiges Handeln nicht nur eine moralische, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist. So wurde etwa diskutiert, ob die hohe Taktung von Wechselausstellungen in Museen noch zeitgemäß ist. Statt immer wieder neue Formate zu produzieren, könnten länger laufende Ausstellungen entwickelt werden, deren Gestaltung modular weiterverwendet werden kann – regional wie überregional. Dies spart Ressourcen, stärkt die Kooperation und ermöglicht nachhaltige Konzepte.

Auch bei öffentlichen Ausschreibungen bieten sich neue Spielräume: Nachhaltigkeit kann, gemäß geltender Vergaberichtlinien, bis zu 50 Prozent in die Bewertung von Angeboten einfließen. Dabei muss nicht ausschließlich auf Gütesiegel gesetzt werden – auch eine nachhaltige Beschreibung von Leistungen kann als Kriterium dienen. Das Ziel ist klar: Nachhaltiges Wirtschaften soll nicht nur möglich, sondern belohnt werden.

Ein eindrücklicher Impuls kam von Architekt Jan Kampshoff, der sich im Netzwerk „Gemeinsam für die Bauwende“ engagiert. Seine Kernaussage lautete: „Wir müssen nicht mehr bauen – wir müssen mehr (und besser) umbauen.“ In Deutschland beträgt der Materialbestand an Gebäuden und Infrastruktur pro Kopf 361 Tonnen, davon entfallen rund 186 Tonnen allein auf Gebäude. Beton ist dabei ein besonders ressourcenintensiver Baustoff. Der Erhalt und Umbau bestehender Gebäude muss daher im Sinne ökologischer wie ökonomischer Nachhaltigkeit dringend in den Fokus rücken, auch im Kulturbereich.

Welche gesellschaftliche Bedeutung Museen haben, wurde durch eine neue Studie des Instituts für Museumsforschung deutlich, die sich am Modell einer österreichischen Untersuchung orientiert. Museen genießen in der Bevölkerung sehr hohe Vertrauenswerte – mit einer Zustimmung von 7,4 auf einer Skala von 1 bis 10 liegen sie direkt hinter Familie und Freunden, noch vor Wissenschaft. Auch der ökonomische Output ist beachtlich: Im Jahr 2023 betrugen die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte durch Museen 9,4 Milliarden Euro. Öffentliche Zuschüsse in Höhe von 5,6 Milliarden Euro generierten ein Vielfaches an volkswirtschaftlichem Nutzen. Rund 106.000 Vollzeitstellen hängen an der Museumsarbeit – nicht nur in den Häusern selbst, sondern auch in Zulieferbetrieben und Dienstleistungssektoren. Allein durch ihre Existenz erzeugen Museen einen Kaufkrafteffekt von etwa 3 Milliarden Euro jährlich. Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll: Investitionen in Kultur sind keine Subventionen – sie zahlen sich für Gesellschaft und Wirtschaft aus.
Die Studie wird in Kürze über die Webseite des Instituts verfügbar sein.

Am Nachmittag der Tagung fanden Workshops statt, in denen zentrale Themen vertieft wurden. Deutlich wurde dabei: Partizipation muss von Beginn an mitgedacht werden. Kulturarbeit wird immer komplexer und vernetzter, ungewöhnliche Allianzen sind gefragt – und diese müssen zur Regel werden. Planung darf nicht mehr im stillen Kämmerlein erfolgen, sondern sollte offen und inklusiv gestaltet sein. Akteure müssen frühzeitig einbezogen und neue Perspektiven erlaubt werden – gerade in Zeiten des Wandels.

Die Tagung in der Fabrik Heeder hat gezeigt, dass Kultur den Wandel nicht nur bewältigen, sondern gestalten kann. Sie kann aufzeigen, wie aus Mangel Kreativität entsteht, wie aus Komplexität Kooperation wächst und wie aus Unsicherheit neue Formen der Zusammenarbeit erwachsen. In einer Zeit, in der vieles auf dem Spiel steht, braucht es genau solche Räume – für Austausch, für Inspiration, für Mut. Denn Kultur kann Krise – wenn man sie lässt.