Inklusionskonferenz in Münster – „Für alle und überall!“
Unter dem Motto „Inklusion – für alle und überall“ führten Fraktionen der Linken beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) und beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am 24.5.2025 eine Konferenz im Jugendgästehaus am Aasee in Münster durch. Etwa 100 Gäste nahmen teil.
Ulrike Detjen, Sprecherin der LVR-Fraktion Die Linke, beklagte in Ihren Begrüßungsworten die schleppende Umsetzung internationaler Vereinbarungen zur Inklusion:
„Die UN-Behindertenrechtskonvention ist 2009 in Kraft getreten. Obwohl sie bereits 16 Jahre gilt, ist Inklusion in Deutschland immer noch nicht Alltag geworden!“
Ulrike Detjen warnte:
„In den letzten Jahren zeigt die Polizeistatistik ein erschreckendes Bild der Steigerung politisch motivierter Verbrechen von Rechts. Wir müssen uns gegen diese Verdüsterung des gesellschaftlichen Klimas wehren: Humanismus, Menschenrechte und Inklusion müssen wieder zum Leitbild unserer Gesellschaft werden!“
Rolf Kohn, Sprecher der Fraktion Die Linke/Die Partei in der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe stellte in seiner Begrüssung fest:
„Es werden 500 Mrd. EURO für die Aufrüstung beschlossen. Und bezahlen sollen wir das mit einer Kürzung von Rente und Bürgergeld, durch die Abschiebung von mehr Geflüchteten. Für Menschen mit Behinderungen wird sogar das Recht auf selbstbestimmtes Wohnen in Frage gestellt!“
Rolf Kohn forderte die Anwesenden auf:
„Wir müssen gegen diesen Sozialabbau und die damit zunehmende Ausgrenzung vieler Menschen vorgehen. Denn wir wollen umfassende Inklusion, ein gleichberechtigtes und sorgenfreies Leben aller Menschen, ob arm, alt, jung, lesbisch, schwul, mit Behinderung oder ohne – für uns Alle – das ist ein Menschenrecht!“
In sechs Workshops wurden Inklusionsthemen wie Armut & Behinderung, Geflüchtete, Diskriminierung im Gesundheitswesen, die Überwindung von Förderschulen, queersensible Pflege sowie Behinderung im Alter diskutiert.
Dr. Monika Rosenbaum, Netzwerk Frauen und Mädchen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, machte in einem Eingangsstatement deutlich, Inklusion dürfe nicht als nachträgliche Ergänzung werden - Inklusion denkt unterschiedliche Bedürfnisse von Anfang an mit. Sie kritisierte, beim BTHG sei "nicht viel rumgekommen”. Selbstbestimmung wird zwar als wichtiger angesehen, aber dies alleine bringe wenig.
Inge Hannemann, freie Autorin und Sozialberaterin, stellte konkret den Zusammenhang von Behinderung und Armut dar. Diese Kombination verschärft die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung enorm. Sie forderte eine Bekämpfung von Armut und eine Anpassung der Hilfesysteme an die Bedürfnisse und Bedarfe von Menschen mit Behinderungen.
Ali Ismailovski, Flüchtlingsrat NRW e.V., referierte zu den Schwierigkeiten für Geflüchtete mit Behinderung, notwendige Unterstützung zu erhalten. Er wies auf die Bedeutung von Beratungsstellen hin, damit Betroffene sich über ihre Rechte informieren und diese wahrnehmen können, und forderte zur Bildung von Netzwerken auf.
Manuela Balkenohl, Wohn- und Begegnungszentrum Zehnthof in Dortmund, berichtete über die Entwicklung eines Konzeptes für queersensible Pflege und den damit verbundenen Umdenkungsprozess bei den Beschäftigten. Anhand vieler Beispiele aus dem Pflegealltag schilderte sie den diskriminierungsfreien Umgang mit LSBTIQ*.
Eva-Maria Thoms, mittendrin e.V., forderte schulische Inklusion statt des Ausschlusses von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung. Sie stellte dar, wie die Bewegung hin zu mehr inklusiver Beschulung sich seit 2017 umkehrte. Es geht um hochwertige Beschulung für Kinder mit Behinderung nicht um bloße Anwesenheit in der Regelschule. Frau Thoms gab den praktischen Rat: „Allein machen sie dich ein, Banden bilden hilft immer!”
Sonja Kemnitz, Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenpolitik Die Linke, wies auf das „magische Dreieck“ hin: Nicht alle Menschen mit Behinderung sind pflegebedürftig oder alt, nicht alle Pflegebedürftigen sind anerkannt behindert oder alt und nicht alle Älteren sind behindert oder pflegebedürftig. In der Diskussion wurden viele Beispiele von Altersdiskriminierung genannt und daß alte Menschen und Menschen mit Behinderungen oft „übersehen“ oder nicht ernst genommen werden.
Musa Deli, Gesundheitszentrum für Migrantinnen und Migranten (GfM), führte aus, dass Menschen im Zuge ihrer Migration Heimat, Familie, Sprache und Kultur verlassen haben. Viele haben traumatische Erfahrungen wie Krieg erlebt. Ein oft unsicherer Aufenthaltsstatus macht einsam, orientierungslos, psychisch und körperlich krank. Im Gesundheitssystem treffen Migrantinnen und Migranten auf Sprachbarrieren, Missverständnisse und kulturelle Unterschiede im Krankheitsbereich und auf Diskriminierungen. Professionelle Dolmetscher, Verständnis, Einbindung von Biographie und eine einfühlsame Gesprächsführung können helfen kultursensibel zu agieren.
Sonja Lemke, neu gewählte Bundestagsabgeordnete der Linken, Musa Deli und Birgit Rotenberg von mobile e.V. Dortmund diskutierten in der Schlussrunde über selbstbestimmtes Wohnen, über unzureichende Assistenzleistungen und das mangelhafte und nicht kultursensible Gesundheitssystem in Deutschland als Ausdruck von nicht umgesetzter Inklusion in Deutschland.
Hinweis: Eine Broschüre zur ausführlichen Dokumentation der Inklusionskonferenz ist in Vorbereitung.