Für ein solidarisches Europa in der Region – Die Linke in der Landschaftsversammlung Rheinland tagt zur Euregio Maas-Rhein

Lara Basten

Unsere Linksfraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland tagt regelmäßig zum Themenschwerpunkt Europa. Gerade in Zeiten politischer Spannungen, des Nationalismus und zunehmender sozialer Spaltung ist es wichtiger denn je, dass wir Europa nicht nur als Idee, sondern als gelebte Realität verstehen und aktiv mitgestalten. Denn Europa ist mehr als ein Binnenmarkt: Es ist ein Projekt des Friedens, der Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit und der Zusammenarbeit über Grenzen hinweg. Das betrifft nicht nur politische Institutionen, sondern vor allem die Menschen, die in Grenzregionen leben, arbeiten und lernen. Hier zeigt sich, ob Europa funktioniert – oder nicht.

Am 5. Juni 2025 stand daher bei unserer Sitzung der Linksfraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland erneut ein europäisches Thema im Mittelpunkt: die Euregio Maas-Rhein (EMR). Nach unserem Blick auf die Euregio Rhein-Waal haben wir uns diesmal mit einer weiteren seit Jahrzehnten erfolgreichen grenzüberschreitenden Organisation befasst. Diesmal mit einer besonderen Struktur, die gleich drei Länder vereint: Deutschland, die Niederlande und Belgien.

Jan Schliewert, Vertreter des Zweckverbands Region Aachen, führte uns umfassend in die Arbeit und Struktur der Euregio Maas-Rhein ein. Die EMR steht unter dem Leitspruch „Wo Vielfalt verbindet“ und genau das wird in dieser Region auch gelebt. Anders als andere europäische Kooperationen besteht die EMR nicht nur aus kommunalen Gebietskörperschaften, sondern ist ein Zusammenschluss von fünf Partnerregionen aus drei Ländern: den belgischen Provinzen Lüttich, Limburg und Ostbelgien, der niederländischen Provinz Limburg sowie dem Zweckverband Region Aachen in Deutschland. In diesem Raum von rund 11.000 km² leben etwa vier Millionen Menschen, einige davon in einem der rund 250.000 Unternehmen beschäftigt. Über 43.000 Menschen der Region pendeln täglich über Ländergrenzen hinweg.

Die Region ist geprägt von einer enormen Dichte an Bildungs- und Forschungseinrichtungen mit fünf Universitäten, 19 Hochschulen und rund 300 Forschungszentren. Die Infrastruktur mit sieben Flughäfen im Umkreis von 100 Kilometern ist ebenso beachtlich wie der gut ausgebaute grenzüberschreitende ÖPNV. Die EMR zählt zu den bestvernetzten Grenzregionen Europas.

Wie komplex das tägliche Miteinander in einer Grenzregion sein kann, zeigt sich anschaulich am Eurode Business Center, das genau auf der Grenze zwischen Herzogenrath (Deutschland) und Kerkrade (Niederlande) liegt. Das Gebäude ist zweigeteilt und mit ihm auch viele Verwaltungsfragen: Postzuständigkeit, Telefonleitungen, Arbeitsverträge, Versicherungen – all das muss zwischen zwei Staaten abgestimmt werden. Es ist ein Ort, an dem die Chancen und Herausforderungen europäischer Integration hautnah spürbar werden.

Die EMR wurde 1976 auf Initiative der damaligen niederländischen Königin Juliana gegründet und ist damit eine der ältesten grenzüberschreitenden Kooperationen Europas. Damals noch als reine Arbeitsgemeinschaft, wurde aus ihr im Jahr 1991 eine Stichting (Stiftung nach niederländischem Recht). Seit 2019 ist sie als Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) organisiert, eine Gesellschaftsform, die direkt aus dem EU-Recht hervorgeht und europäische Zusammenarbeit auf operativer Ebene ermöglicht. Ihre Hauptaufgaben sind die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die nachhaltige Raumentwicklung, die Unterstützung der Zivilgesellschaft und die Erleichterung des Alltags für die Menschen in der Region.

Die EMR arbeitet derzeit an neun strategischen Schwerpunktthemen: Wirtschaft & Innovation, Arbeitsmarkt, Unterricht & Bildung, Landschaft & Klima, Tourismus, Kultur, Mobilität & Infrastruktur, Sicherheit und Gesundheitswesen. Dabei wird deutlich: Auch wenn sich Interessen überschneiden, so gibt es in einzelnen Bereichen – etwa im Tourismus – konkurrierende Ziele der beteiligten Regionen. Hier zeigt sich, wie wichtig ein sensibler und solidarischer Umgang miteinander ist.

Besonders hervorzuheben ist die Arbeit im Bildungsbereich. Neben dem Spracherwerb liegt ein Fokus auf interkulturellen Kompetenzen und der Anerkennung von Bildungsabschlüssen. Schon heute profitieren beispielsweise LVR-Förderschulen von der Zusammenarbeit in der EMR bei der Beschulung von Kindern aus Grenzpendlerfamilien.

Auch beim Thema Klima macht die Euregio vor, wie grenzüberschreitende Lösungen aussehen können. Denn Umweltprobleme kennen keine Staatsgrenzen. Gemeinsam arbeitet man an Strategien zur Klimaanpassung und zur Förderung des öffentlichen Bewusstseins für das gemeinsame Naturerbe – im Sinne des europäischen Green Deal.

Im Kulturbereich setzt die EMR auf niedrigschwellige Förderung: Kleine grenzüberschreitende Projekte (KEPs) oder Fonds wie „People-to-People“ bieten Künstler:innen und Vereinen direkte Unterstützung. Das Kimiko-Festival in Aachen ist nur eines von vielen Beispielen für gelebte Kultur ohne große Fördertöpfe, aber mit großer Wirkung.

Auch für den Landschaftsverband Rheinland (LVR) bietet die Zusammenarbeit mit den Regionen der EMR große Chancen. Bereits heute bestehen gute Beziehungen etwa zur Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, durch Fachaustausch und Hospitationen. Diese Zusammenarbeit gilt es auszubauen. Eine engere Einbindung des LVRs in die EMR wäre ein Gewinn – nicht nur für den LVR selbst, sondern vor allem für die Menschen vor Ort.

Gerade in den Grenzregionen zeigt sich, was Europa im Alltag bedeutet. Wenn es gelingt, Bürokratie zu überwinden, Mobilität zu erleichtern, Bildung zu vernetzen und kulturelle Vielfalt zu leben, dann ist Europa nicht abstrakt, sondern spürbar. Dafür braucht es engagierte Partner wie die Euregio Maas-Rhein, aber auch politische Rückendeckung und institutionelle Verankerung auf allen Ebenen.

Als Linksfraktion setzen wir uns dafür ein, dass Europa nicht nur ein Projekt der Eliten bleibt, sondern ein solidarisches, inklusives und gerechtes Miteinander für alle wird. Auch und gerade im Rheinland, auch und gerade im LVR.