Exkursion der LVR-Fraktion Die Linke in das Psychiatriemuseum Bonn
Ein Besuch im Psychiatriemuseum „Verrückte Zeiten“ der LVR-Klinik Bonn öffnet die Türen zur bewegenden Geschichte der Psychiatrie – von den dunklen Kapiteln der NS-„Euthanasie“ bis hin zu den Reformen der Nachkriegszeit. Archivarin Linda Orth schildert eindrucksvoll, wie sie historische Akten vor der Vernichtung rettete, um die Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Ausstellung beleuchtet nicht nur die Fortschritte, sondern auch die Herausforderungen der Psychiatrie und lädt dazu ein, Vorurteile abzubauen. Ein Ort des Gedenkens und der Reflexion – sowohl vor Ort als auch virtuell erlebbar.
Am 12. Dezember 2024 hat die Fraktion Die Linke im LVR gemeinsam mit Angehörigen des Aktionsbündnisses ‚Disability und Mad Pride Bonn‘ das Psychiatriemuseum ‚Verrückte Zeiten‘ auf dem Klinikgelände der LVR-Klinik Bonn besucht. Krankenschwester Ingrid Honsdorf führte über das Gelände, unter anderem auch zum Gedenkstein für die im NS-‚Euthanasieprogramm‘ ermordeten psychisch kranken Menschen. Die auf diesem Gedenkstein eingravierte Zahl gibt eine vorsichtige Schätzung der Opfer an. Deren tatsächliche Zahl ist deutlich höher.
Durch das Museum führte uns Archivarin Linda Orth, die uns sowohl in die Geschichte der Psychiatrie einführte als auch Einblicke in ihre eigene jahrzehntelange Forschungsarbeit gab: Anfang der 1980er Jahre befanden sich auf dem Gelände Container mit Bergen von Papierakten, die alle zur Entsorgung vorgesehen waren. Orth beschreibt, wie sie damals teilweise heimlich diese Akten in einem Keller gesichert hat, um sie aufzuarbeiten und für Forschungszwecke auszuwerten.
Auch nach der NS-Zeit, in der zahlreiche Menschen mit psychischen Erkrankungen in Tötungsanstalten ermordet oder zumindest zwangssterilisiert wurden, waren die Zustände in der deutschen Psychiatrie weiterhin beängstigend. In riesigen Schlafsälen vegetierten die Kranken dahin, ohne jegliche Privatsphäre. „Ob die Betten zu kurz waren und die Menschen nicht hineinpassten – das interessierte keinen. Sie wurden dann halb aufgerichtet in die Betten gesetzt.“
Einen Wandel gab es erst nach der 1968er Studierenden-Revolte, als im Bundestag die Psychiatrie-Enquête-Kommission eingesetzt wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt begann ein langsamer Wandel in Richtung gemeindepsychiatrischer Konzepte und menschenwürdiger Bedingungen. Dennoch wurde auch noch in den 1970er Jahren – auch im damaligen Bonner „Landeskrankenhaus“ – Elektroschocktherapie ohne Narkose angewandt. Selbst noch nach 2000 kam es vor, dass Zwangsbehandlungen wie Fixierungen durchgeführt wurden. Auch heute ist es wichtig, genau hinzuschauen. Alle in der Psychiatrie Tätigen haben eine große Verantwortung, vor allem angesichts der entsetzlichen Vergangenheit dieser medizinischen Disziplin.
Ein Besuch des Psychiatrie-Museums „Verrückte Zeiten“ ist sehr zu empfehlen. Auch ein virtueller Rundgang ist möglich.