Erinnern, um zu verstehen und zu handeln - Ein eindringlicher Abend im LVR-Niederrheinmuseum Wesel

Lara Basten

Große Veränderungen beginnen oft im Kleinen – in den Vereinen, Initiativen und Projekten vor Ort, wo Menschen mit Herzblut und Engagement kulturelles Leben gestalten. Genau solche Projekte unterstützt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) mit seiner regionalen Kulturförderung. Auch wir als Fraktion stehen fest hinter dieser Förderung, denn sie schafft Raum für Vielfalt, Begegnung und Bildung – und macht Geschichte erlebbar. Und so befassen wir uns auch intensiv mit allen den politischen Gremien vorliegenden Beschlüssen zu diesem Thema.

Ein beeindruckendes Beispiel dafür durften unsere Fraktionsmitglieder Lara Basten und Babs Wagner im LVR-Niederrheinmuseum Wesel erleben. Dort feierte ein Film Premiere, der ein Stück Lokalgeschichte ins Licht rückt – auf tief bewegende Weise.

Der 45-minütige Film „Zeitzeuge Büderich“ vom Heimatverein Büderich und Gest e. V. ist kein langweiliger Dokumentarfilm, auch wenn er so unendlich viel dokumentiert. Im Mittelpunkt stehen Zeitzeug:innen aus dem Weseler Stadtteil Büderich und Schüler:innen des örtlichen Gymnasiums nebst ihrem Geschichtslehrer, die sich auf Spurensuche machen. Die Zeitzeug:innen berichten von ihrer Kindheit während der NS-Zeit und dem Zweiten Weltkrieg in Büderich.

Was der Film leistet, ist von unschätzbarem Wert: Er gibt dem Unfassbaren ein Gesicht. Statt anonymer Zahlen in Geschichtsbüchern begegnen die Schüler:innen und das Publikum konkreten Schicksalen, Erlebnissen und Stimmen, die von Angst, Hoffnung, Verlust – und Mut erzählen.

Es ist die letzte Generation, die noch aus eigener Erfahrung spricht. Die Zeit drängt. Die Menschen, die diese finsteren Kapitel unserer Geschichte noch selbst erlebt haben, werden immer weniger. Schon während der Vorbereitungen zum Filmprojekt musste ein Zeitzeuge aus gesundheitlichen Gründen auf die zugesgte Mitarbeit verzichten. Was die Zeitzeug:innen berichten, stammt aus einer Zeit, die viele heute nur aus dem Schulunterricht oder aus Dokumentationen kennen – und doch ist sie für sie durch die Beschäftigung damit wieder ganz präsent.

 Sie erzählen, wie sie beobachteten, wie Männer in der Pogromnacht das Mobiliar der einzigen jüdischen Familie in Büderich, der sechsköpfigen Familie Herz, aus dem Fenster werfen und verbrannten. Es sind solche Erzählungen, die unendlichen betroffen machen.

Die Botschaft der Zeitzeuginnen ist nicht allein rückblickend – sie richtet sich an uns heute: Achtet auf die Zeichen! Seid wachsam! Nie wieder darf  Hass, Ausgrenzung und Gewalt eine solche Macht gewinnen!

 Gerade in einer Zeit, in der rechtsextreme Strömungen wieder Zulauf haben, Verschwörungsideologien und Geschichtsverzerrung sich verbreiten, ist diese Form der Erinnerungsarbeit wichtiger denn je. Die Warnungen derer, die noch selbst erlebt haben, wohin solche Entwicklungen führen, dürfen nicht ungehört bleiben.

„Zeitzeuge Büderich“ ist mehr als ein Film. Es ist ein Vermächtnis für einen Ortsteil, aber auch für uns alle. Es ist ein Stück gelebte Erinnerungskultur, das uns alle angeht. Wer den Film sehen möchte, kann ihn – ebenso wie den Vorgänger „Zeitreise Büderich“ – beim Heimatverein erwerben. Zweimal wird er noch im Restaurant „Wacht am Rhein“ gezeigt. Aber ehrlich gesagt gehört er in Schulen, Bibliotheken, auf Veranstaltungen. Er gehört in unsere Gegenwart.

 

Daher ist es so wichtig, dass im Rahmen der regionalen Kulturförderung des LVR auch kleine Vereine und Initiativen die Chance haben, solche finanziell nicht unaufwändigen Projekte zu realisieren. Und damit schafft Anerkennung sie und Sichtbarkeit. 
Wer selbst eine Idee haben, wie kulturelles Erbe, Vielfalt oder Begegnung in der eigenen Region gestärkt werden kann, findet hier Infos über die Fördermöglichkeiten.

Denn Erinnerung und auch Zukunft beginnt im Lokalen.