Ausschluss von Kindern mit Behinderung aus KiTa und Offener Ganztagsschule
Musteranfrage
Aus dem Kreis von Betroffenen wurde die Politik im Landschaftsverband Rheinland (LVR) auf eine Diskriminierung von Kindern mit Behinderung in KiTas und Offenen Ganztagsschulen hingewiesen. Demnach wurden Kinder mit Behinderung zeitweise vom Besuch der OGS oder der KiTa ausgeschlossen. Es handelt sich um Kinder, denen zur Teilhabe an Bildung eine Schulbegleitung/Integrationshilfe in der Schule bzw. KiTa bewilligt worden ist. Der Ausschluss aus der KiTa oder OGS erfolgt, wenn die Schulbegleitung / Integrationshilfe nicht anwesend ist. In diesen Fällen gehen Verantwortliche in den Einrichtungen wohl davon aus, dass die bewilligte Integrationshilfe offenbar als notwendige Voraussetzung auch für soziale Teilhabe gesehen wird. Mitgeteilt wurden weiterhin Fälle, in denen die Kinder von Ferienangeboten der OGS ausgeschlossen werden, weil sie diese ohne Schulbegleitung besuchen möchten. Eine Schulbegleitung für Ferienangebote wird in diesen Fällen vom Sozialamt nicht bezahlt. Besonders irritierend ist, wenn in einem KiTa -Betreuungsvertrag eine Nebenabrede erfolgt, wonach der Besuch der Kita an die Inklusionsassistenz gekoppelt wird. Denn die KiTa erhält über die erweiterte Platzfinanzierung (3,5-facher Satz) und die Basisleistung 1 Mittel für die Begleitung eines Kindes mit Behinderung. Im Fall der OGS irritieren solche Nebenabreden oder Ausschlüsse wegen der doppelten Landesfinanzierung für einen Platz für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Eine solche Praxis stellt eine Diskriminierung von Kindern mit Behinderung dar.
In seiner Antwort auf eine entsprechende Anfrage fast aller demokratischen Fraktionen in der Landschaftsversammlung stellte das LVR-Dezernat Kinder, Jugend und Familie klar:
- Gemäß § 24 SGB VIII hat jedes Kind ab dem 1. Lebensjahr bis zur Einschulung einen Anspruch auf frühkindliche Förderung (Tageseinrichtung oder Kindertagespflege), ab der Vollendung des dritten Lebensjahres ausdrücklich auf Förderung in einer Tageseinrichtung für Kinder. Der Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII gilt für alle Kinder und besteht unabhängig von einer (drohenden) Behinderung.
- Nebenabreden zu Betreuungsverträgen, welche den Besuch eines Kindes mit (drohender) Behinderung bei Abwesenheit der KiTa-Assistenz ausschließen oder zeitlich einschränken, sind rechtswidrig. Solche Nebenabreden widersprechen dem Diskriminierungsverbot nach § 7 KiBiz und dem Gebot zur Gemeinsamen Förderung aller Kinder nach § 8 KiBiz. Die im Betreuungsvertrag vereinbarte Betreuungszeit kann ausschließlich auf Grund einer abwesenden KiTa-Assistenz nicht eingeschränkt oder verweigert werden.
- Die offene Ganztagsschule ist gemäß Erlass eine schulische Veranstaltung. Das Ganztagsschulkonzept ist darum auch im Schulprogramm verankert (Nr. 6.5 des Erlasses 12-63 Nr. 2). Die OGS gehört darüber hinaus aber auch zu den pflichtigen Leistungen der Kommunen, denn hier sind, wie der Erlass unter Punkt 1.4 näher ausführt, die „Träger der öffentlichen Jugendhilfe […] verpflichtet, Plätze für Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter bedarfsdeckend in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten“ (§ 24 Absatz 2 SGB VIII). Unter diesen Prämissen hat jedes Kind mit (drohender) Behinderung, das eine offene Ganztagsgrundschule besucht, die Möglichkeit, die außerunterrichtlichen Angebot seiner Schule zu besuchen. Keinesfalls darf es aufgrund seiner (drohenden) Behinderung an der Teilnahme an diesen Bildungsangeboten gehindert sein. Das gebieten sowohl das Verfassungsprinzip der Gleichbehandlung in Art. 3 Grundgesetz (GG) als auch § 4 Abs. 3 des SGB IX.
Vor diesem Hintergrund möchte DIE LINKE in der Gebietskörperschaft XY wissen:
1. Sind der Verwaltung in der Gebietskörperschaft XY Fälle bekannt, in denen in Ihrem Zuständigkeitsbereich Kinder mit (drohender) Behinderung aus der KiTa oder der OGS aus den oben angeführten Gründen (zeitweise) ausgeschlossen wurden?
2. Sind der Verwaltung in der Gebietskörperschaft XY Fälle von Nebenabreden in Betreuungsverträgen bekannt, die den Besuch der KiTa für Kinder mit (drohender) Behinderung an eine Integrationshilfe binden (medizinisch notwendige Betreuung ist hier ausgenommen)?
3. Falls die Verwaltung eine der beiden vorherigen Fragen positiv beantwortet: Welche Schritte hat sie ergriffen oder plant sie zu ergreifen, damit der Ausschluss von Kindern mit (drohender) Behinderung aus KiTa und OGS verhindert wird?