Haushaltsrede von Lara Basten in der Landschaftsversammlung am 13. Dezember 2023

Die Linke im LVR

Am Mittwoch (13. Dezember 2023) hat die Landschaftsversammlung letztmalig in diesem Jahr getagt. Dabei hat wie in allen Parlamenten landauf und landab der Haushalt für das kommenden Jahr auf der Tagesordnung gestanden. Lara Basten, für unsere Fraktion Mitglied in der Landschaftsversammlung Rheinland, und ausgewiesene Finanzexpertin hat im Rahmen der Sitzung der Landschaftsversammlung eine ebenso mitreißende wie fundierte Haushaltsrede gehalten.

 

 

Sehr geehrte Frau Henk-Hollstein,
sehr geehrte Frau Landesdirektorin Lubek,
sehr geehrte Mitglieder des Verwaltungsvorstandes,
liebe Mitglieder der Landschaftsversammlung,
liebe Gäste,

lebendig, vielseitig, richtungsweisend.
Es geht aktuell nicht nur um Zahlen und Fakten. Wir müssen auch einen Blick auf die sozialen Aspekte werfen, die unsere Gemeinschaft prägen. Globale Herausforderungen ausgelöst durch den Wunsch Einzelner, immer mehr besitzen zu wollen, und durch kriegerische Handlungen.
Die Welt verlangt uns einiges ab. Wir sehen, wie Macht und Einfluss in vielen Teilen der Welt auf Kosten von Menschlichkeit und Solidarität gehen. Wir erleben eine besorgniserregende Zunahme rechter Orientierungen, die Andersdenkende und Andersaussehende diskriminieren. Hier wird nicht einmal Halt vor Menschen mit Behinderung gemacht.

Doch während wir uns diesen globalen und gesellschaftlichen Herausforderungen stellen, müssen wir auch die Handlungsfähigkeit unseres Landschaftsverbandes im Blick behalten. Es freut uns, dass Verbesserungen in Bezug auf nachhaltige und soziale Kriterien in die Anlagerichtlinie aufgenommen wurden. So konnten wir den ursprünglichen Antrag auch zurückziehen. Es geht schließlich nicht nur darum, finanzielle Gewinne zu maximieren. Wir haben als LVR eine gesamtsoziale Verantwortung.

Der Fachkräftemangel, den wir täglich erleben, macht auch keinen Halt vor der Verwaltung. Eine angemessene Personalausstattung ist unserer Meinung nach zwingend notwendig. Nur so können anfallende Aufgaben in akzeptablem Zeitrahmen und erforderlicher Qualität bewältigt werden. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Falsch ist jedoch Personal aus anderen Behörden mit allen Mitteln abzuziehen, um das Problem hier zu minimieren. Das ist eine reine Problemverschiebung. Maßnahmen, die darauf abzielen, Personal aus anderen Behörden mit ihren zum Teil eigenen Finanzmitteln abzuwerben, können moralisch nicht vertretbar sein.
Und wir haben nachgefragt: Dieses Vorgehen ist auch in keiner Weise gängige Praxis in der kommunalen rheinländischen Familie, sondern die Ausnahme.

Meine Damen und Herren, kommen wir nun zum Hauptanliegen unserer Haushaltsrede – dem Umlagesatz.
Mit unserem Antrag auf einen Umlagesatz von 15,75% liegt die Linke oberhalb der Forderungen der anderen Fraktionen. Auch unsere Fraktion hat die Sorgen und Ängste vor Ort sehr deutlich wahrgenommen. Die Informationsveranstaltung der kreisangehörigen Kommunen hat mich persönlich tief berührt. Schade, dass so wenige von Ihnen nur da waren. Die Bedenken bezüglich des kommenden Haushalts haben mich und natürlich auch meine Fraktion nachdenklich gestimmt.
Die Forderung nach einer drastischen Umlagesenkung ist verständlich, besonders mit Blick auf die sich abzeichnende Steuerentwicklung der kommenden Jahre. Doch die Frage ist, ob ein kurzfristiger Erfolg durch eine niedrigere Umlage nicht langfristig zu einem noch größeren Problem führen wird. Wir müssen die Auswirkungen nüchtern betrachten und uns fragen, ob die Reduzierung der notwendigen Ausgaben realistisch ist.

Unsere eigenen Mitgliedskörperschaften erleben explodierende Kosten, insbesondere im Sozialbereich. Warum sollte es beim Landschaftsverband anders sein? Das wird es nicht sein. Daran ändert auch ein noch so gut gemeinter Beschluss zur Umlagehöhe nichts. Eine solide Finanzpolitik erfordert einen Blick in die Zukunft, der realistisch und verantwortungsbewusst ist.

Das Dauer-Thema „Ausgleichsrücklage“. Aber: Natürlich auch ein Thema, das die Linksfraktion immer wieder diskutiert. Die Rücklage ist im Vergleich zum Gesamthaushalt und insbesondere zu den pflichtigen Sozialleistungen schwindend gering. Ein schneller Einsatz könnte den Landschaftsverband in finanziell instabile Zeiten führen. Daher lehnen wir den geplanten Umfang des Einsatzes ab. Sind wir alleine mit der Kritik? Nein. Auch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat sich in der Vergangenheit mehrfach negativ zur Inanspruchnahme der Rücklage im Rahmen der Haushaltsgenehmigung geäußert.

In der Gesamtbetrachtung scheint uns die Senkung auf 15,75% angemessen. Es geht um die Balance zwischen finanzieller Anforderung und sozialer Verantwortung. Die Forderungen nach weiteren Senkungen können wir nicht unterstützen. Sie sind unserer Meinung nach nicht mit den Grundsätzen von Haushaltswahrheit und -klarheit vereinbar.
Daher lehnen wir den heute hier zur Abstimmung stehenden Haushalt mit einem Umlagesatz von 15,45% ab.

Die finanziellen Herausforderungen der kommunalen Ebene durch die kontinuierliche Verlagerung neuer Aufgaben von Bund und Land, ohne angemessene finanzielle Rücksicherung, steigen rasant.

Und dann die, ich will es auch genau so nennen, dilettantische Altschuldenregelung. Zum Glück nur der Entwurf dazu und am Ende das Vertrösten auf 2025, hat niemandem geholfen. Probleme werden durch den Gesetzgeber immer wieder mittels neuer Tricks in die Zukunft verlagert. Aktuelles Beispiel: Der Entwurf zum 3. NKF Weiterentwicklungsgesetz. Generationengerechtigkeit sieht anders aus.

Freiwillige Leistungen sind politische und auch moralische Pflichtleistungen einer Gebietskörperschaft gegenüber ihren Bürger:innen. Aber obwohl immer mehr Menschen drauf angewiesen sind, gibt es sie immer weniger. Vielerorts gib es sie sogar gar nicht mehr. Das kann so nicht weitergehen.

Abschließend möchte ich appellieren, dass wir als kommunale Familie einen offenen Austausch pflegen. Diskussionen sollten miteinander und nicht übereinander geführt werden. Hier hat sich besonders die Politik in meiner Mitgliedskörperschaft, der StädteRegion Aachen, durchaus nicht mit Ruhm bekleckert.

Die finanziellen Probleme der Kommunen und Kreise sind hauptsächlich durch die stetige Verlagerung neuer Aufgaben durch Bund und Land entstanden, nicht durch den LVR. Die Forderung nach finanzieller Unterstützung und Verständnis für die Situation vor Ort ist berechtigt. Verhallt jedoch bei den Verursachern.
Eine Rücksichtnahme gegenüber der Situation vor Ort ist immer ein wichtiges Gebot, auch für uns als Linke.

Wir haben langfristig das Spannungsverhältnis zwischen den Sparmaßnahmen mit dem Ziel der geringen Umlage und der Aufgabenerfüllung zum Zwecke der „Qualität für Menschen“. Bei letzterem, reden wir bei Leibe nicht von Luxus, sondern dem gesetzlich Gebotenen.

Die Zukunft unserer Gemeinschaft liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung. Lassen Sie uns mehr miteinander reden und offen mit Anträgen anderer umgehen, um eine stabile Finanzpolitik und ein gutes Leben für die Menschen im Rheinland zu gewährleisten.

Ich möchte mich an dieser Stelle persönlich und im Namen meiner Fraktion für die gute Beratung zum Haushalt bei den Beschäftigten aller Dezernate bedanken.
Hier, wegen der besonderen Situation im Speziellen beim Fachbereichsleiter 21 Guido Soethout und der Kämmerin Renate Hötte.
Wir haben uns in den bisweilen wirklich turbulenten Zeiten immer in sicheren Händen gefühlt. Vielen Dank dafür.
Und, da das bei Ihnen, Frau Hötte, im Haushalt nie fehlen durfte, möchte ich Ihnen auch ein Zitat mit auf den Weg geben und mich mit den Worten von Marie von Ebner-Eschenbach ganz persönlich bedanken: „Tue deine Pflicht so lange, bis sie deine Freude wird.“

Lebendig. Vielseitig. Richtungsweisend.
Ja, das ist der Landschaftsverband. Und wenn wir uns bemühen, werden auch wir als Politik mit den richtigen Entscheidungen weiter hierzu beitragen, wenn wir finanziell handlungsfähig bleiben. Arbeiten wir gemeinsam daran.

Vielen Dank